Prodrugs und Derivate: Was ist das eigentlich?
Bevor wir uns mit den unterschiedlichen LSD-Derivaten befassen, sollten wir am besten als erstes klären, was Derivate und Prodrugs eigentlich im Allgemeinen sind – und was sie so besonders macht. Hierfür müssen wir mental einen kurzen Abstecher in den Chemieunterricht wagen: Bei einem Derivat (lateinisch für ableiten = derivare) handelt es sich um einen Stoff, der sich von einer spezifischen Grundsubstanz ableitet.
Im Detail bedeutet dies, dass Derivate statt eines H-Atoms (oder einer funktionellen Gruppe) ein anderes Atom oder eine andere Gruppe besitzen.[1] Auch kann es sein, dass gleich mehrere Atomgruppen oder Atome entfernt oder angehängt wurden. Kurz gesagt: Der Grundstoff (beispielsweise LSD) wurde chemisch verändert.
Bei einer Prodrug handelt es sich um ein Derivat eines Wirkstoffes, der in einer inaktiven oder weniger aktiven Form verabreicht und eingenommen wird. Erst nach der Einnahme der Prodrug erfolgt im Körper die Umwandlung in den aktiven Wirkstoff.[2]
Warum gibt es Prodrugs und Derivate überhaupt?
Wie bereits angeschnitten, spielen Derivate und Prodrugs eine wichtige Rolle in der Pharmakologie und stellen somit eine maßgebliche Säule in der Herstellung von Arzneimitteln dar. Ein Derivat eines Medikaments kann beispielsweise dazu dienen, die Stabilität des Präparats zu erhöhen oder mögliche Nebenwirkungen zu verringern. Ein sehr bekanntes Beispiel aus dem pharmakologischen Bereich ist die Acetylsalicylsäure (Aspirin) – hierbei handelt es sich um ein Salicylsäuren-Derivat.
Auch Prodrugs können einen hohen medizinischen Nutzen bringen, indem sie unter anderem für eine höhere Bioverfügbarkeit oder eine gezieltere Freisetzung (beispielsweise erst dann, wenn das Medikament den Magen-Darm-Trakt erreicht hat) sorgen.
So weit, so gut: Doch was hat das Ganze nun mit Halluzinogenen wie LSD zu tun? Keine Sorge, dazu kommen wir gleich noch ausführlich. Im Kopf behalten solltest du erst einmal nur, dass typische Psychedelika wie LSD und Meskalin dem BtMG unterliegen.
LSD-Derivate und das NpSG
Dass sowohl Handel, als auch Abgabe sowie Besitz von LSD strafrechtlich verfolgt werden, sollte demnach klar sein. Dennoch wurde 2015 im Internet eine Substanz angeboten, die eine sehr große Ähnlichkeit zu LSD hatte, jedoch kein LSD war – und den recht vielsagenden Namen “1P-LSD” trug. Da diese “Forschungschemikalie” nicht im BtMG aufgeführt war, konnte sie legal vertrieben werden, sofern dabei mitgeteilt wurde, dass das LSD-Derivat nicht für den Konsum vorgesehen sei.
Der Gesetzgeber reagierte jedoch prompt und holte zum Gegenschlag aus: Ein Gesetz mit der klangvollen Abkürzung NpSG (Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz) wurde ins Leben gerufen, um den Verkauf von Prodrugs und Derivaten (mit Ausnahme von Forschungszwecken) zu verbieten. Doch da es stets eine Weile dauert, bis ein neu aufgetauchtes LSD-Derivat offiziell im NpSG landet, nutzen viele Psychonauten die Möglichkeit, sich bis dahin entsprechend mit den “Research Chemicals” einzudecken. Verboten ist der Besitz dennoch.
Außerdem sollte klar sein, dass der Handel sowie die Abgabe neuer psychedelischer Stoffe deutliche Konsequenzen mit sich bringen können: Im schlimmsten Fall drohen sogar Freiheitsstrafen von bis zu 3 Jahren, die sich bis auf 10 Jahre ausdehnen können, falls die Abgabe oder der Handel an Minderjährige erfolgt.[3]
Zu bedenken gilt auch, dass durch das NpSG nicht nur bestimmte Stoffe, sondern jederzeit komplette Stoffgruppen verboten werden können: So kann sich der Legalitätsstatus von Prodrugs und Derivaten sehr schnell ändern.[4]
Welche LSD-Derivate gibt es – und welche sind noch legal?
Wie du dir sicher vorstellen kannst, gab es schon eine Vielzahl unterschiedlicher LSD-Derivate (die gleichzeitig Prodrugs sind, da sie im Körper zu LSD werden) legal zu kaufen. Zu diesen gehören neben 1 cP LSD unter anderem auch die Derivate 1V-LSD, 1P-LSD, 1DD-LSD, sowie die Varianten 1B-LSD, 1T-LSD und 1D-LSD. Allen gemein: Sie sorgten für einen LSD Trip und sind mittlerweile alle verboten.
Allerdings leistete sich das Gesundheitsministerium unter Karl Lauterbach im Jahr 2022, als 1V-LSD verboten werden sollte, einen interessanten Interpunktionsfehler,[5] der erst einige Zeit später aufgedeckt wurde: Statt zwei neue Stoffgruppen zu verbieten, wurde einfach eine neue (ungefährliche) Stoffgruppe benannt. So kam es dazu, dass bestimmte Derivate zeitweise versehentlich legal waren und die LSD Herstellung fortgeführt wurde. Dies ist jetzt jedoch nicht mehr der Fall: Das einzige LSD-Derivat, das aktuell (noch) legal ist, ist 1S LSD.
LSD-Derivate: Ein Katz- und Mausspiel mit den Regierungsinstitutionen
LSD-Derivate werden von vielen Konsumenten als legales LSD verstanden. Sobald der Bundesrat jedoch mitbekommt, dass ein neues Derivat im Umlauf ist, wird es schnellstmöglich in das NpSG aufgenommen. Mittlerweile ist dies nicht nur bei bestimmten Derivaten und Prodrugs, sondern sogar bei gesamten Stoffgruppen der Fall. Dennoch lassen sich Händler und Hersteller von LSD-Derivaten nicht so einfach abschütteln. Vermutlich erst dann, wenn LSD legal sein sollte, werden Händler damit aufhören neue Stoffgruppen zu entwickeln, und bis dahin ist es noch ein sehr weiter Weg.
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